Einen schöneren Rahmen für einen solchen Festtag und ein so bedeutendes Jubiläum hätte man sich nicht wünschen können: Anlässlich des bundesweiten „Tag des Gartens“ am Sonntag, den 11. Juni 2023, feierten die Landesverbände Rheinland der Gartenfreunde sowie Westfalen und Lippe der Kleingärtner gemeinsam ihr 100-jähriges Jubiläum im Bunten Garten, Mönchengladbach, unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Hendrik Wüst. Auf der Festwiese vor der Kaiser-Friedrich-Halle waren etwa 20 Pagodenzelte für einen bunten Markt der Möglichkeiten für eine Vielzahl von Mitwirkenden errichtet worden – darunter Vereine, Anbieter von Pflanzen und die IGA 2027 gGmbH. Auch die Deutsche Schreberjugend und eine Dixi Band haben mit Tanz und toller Musik zum Gelingen eines zauberhaften Tages beigetragen.
Die IGA 2027 konnte sich mit ihren thematischen Schwerpunkten und der Fragestellung „Wie wollen wir morgen leben?“ über großes Interesse der Gäste freuen.„Besonders beeindruckend ist das Engagement der Kleingärtnerinnen und Kleingärtner, die mit enormem Fachwissen, großer Leidenschaft und Hingabe dazu beitragen, dass Kleingärten und Kleingartenanlagen von heute in der Metropole Ruhr und darüber hinaus vielfältige gesellschaftliche Funktionen erfüllen. Zu Beginn vor allem als Nutzgärten zur Versorgung mit Obst und Gemüse entwickelt, stehen Kleingärten heute als städtische Grünflächen für ökologisch wertvolle Refugien, Orte der Natur- und Umweltbildung und ein Miteinander über soziale und kulturelle Grenzen hinweg. Sie sind unverzichtbare charakteristische Komponente des Ruhrgebiets, die wir über die Ebene Mein Garten in die IGA 2027 einbinden möchten“, so Helge Jahn-Tolksdorf, Projektmanager der Ebene.
„Etwa 100 Gespräche und die Bereitschaft vieler Besucher*innen an unserem Stand, den einmal geknüpften Kontakt zu vertiefen, zeigen, dass wir mit dem Konzept für die IGA 2027 das richtige Gespür für den Zeitgeist, auch mit dem Blick in die Zukunft beweisen“, zog Martina Oldengott, Beraterin der IGA 2027, Bilanz aus den Gesprächen. „Der Tag des Gartens hat auch gezeigt, wie gut vernetzt und perfekt die Organisation des Kleingartenwesens europaweit, bundesweit und bis in die einzelne Kleingartenanlage und Parzelle funktioniert. Kleingärtnerinnen und Kleingärtner sind nicht nur gute und kompetente Partner*innen, sondern sie sind auch engagierte Multiplikator*innen für die IGA 2027.“ Die beiden Landesverbände vertreten insgesamt mehr als 150.000 Kleingärtnerinnen und Kleingärtner in NRW, die in mehr als 1.500 Vereinen organisiert sind.
Nach einem Grußwort des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst wurde die Bedeutung des Kleingartenwesens für die Lebensqualität und den sozialen Zusammenhalt der Menschen ebenso wie für die ökologischen und klimatischen Funktionen einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung auf den unterschiedlichen politischen Handlungsebenen veranschaulicht: In Beiträgen des Präsidenten des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde, Dirk Sielmann, des Mönchengladbacher Oberbürgermeisters Felix Heinrichs sowie der Vorsitzenden der beiden Landesverbände Rheinland und Westfalen, Michael Franssen und Rolf Rosendahl.
Ergänzend dazu gingen die Mitwirkenden einer Talkrunde fachlich in die Tiefe und formulierten Perspektiven für die Zukunft des Kleingartenwesens in den wachsenden Städten und auch im ländlichen Raum. Neben Aspekten der Biodiversität und des Wertes von Kleingartenanlagen auch für alte Kultur-, Zier- und Nutzpflanzen einerseits und gesellschaftliches Engagement für den Zusammenhalt einer immer diverser werdenden Gesellschaft andererseits, waren sich die an der Diskussion teilnehmenden Gesprächspartner einig, dass kommunale Klimaanpassungsstrategien ohne Kleingartenanlagen, eingebettet in die städtischen Freiraumverbundsysteme, keine Aussicht auf Erfolg haben können.
Der Bunte Garten, mitten in der Stadt Mönchengladbach gelegen, wurde ab 1890 im historistischen Stil des ausgehenden 19. Jahrhunderts angelegt. Dem Engagement der Wuppertaler und Bochumer Bürgerinnen und Bürger für öffentliche Grünanlagen folgend, war auch der Bunte Garten von Anfang an als Grünanlage konzipiert, die allen Menschen bei freiem Eintritt zugänglich sein sollte. In der Folge löste der mutige und auch wirtschaftlich großzügige Einsatz des Bürgertums in den drei Industriestädten eine regelrechte Welle zugunsten innerstädtischer und wohnungsnah gelegener Grünzüge, Parkanlagen, Gärten, Kinderspielplätze und Sportstätten aus.
In diesem zeitlichen Zusammenhang ist auch der Erfolg des Kleingartenwesens zu sehen. 1861 initiierte Gottlieb Moritz Schreber die Anlage eines öffentlichen Platzes mit Angeboten für Spiel und Sport mitten in Leipzig. Wenige Jahre später war daraus eine größere Anlage mit vielen kleinen öffentlichen Gärten geworden, die von Leipziger Bürgern bewirtschaftet wurden. Diese Schrebergärten wurden in allen Städten ein Refuguim für die schwer arbeitende Bevölkerung, dienten und dienen aber auch der Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln.
Als direkter Vorläufer des ersten gemeinschaftlich organisierten Kleingärtnervereins gelten jedoch parzellierte öffentliche Gärten, die Landgraf Carl von Hessen 1806 in Kappeln an der Schlei im Norden von Schleswig-Holstein, damals dänisches Gebiet, anlegen ließ. Diese Carlsgärten wurden in Einzelpacht an Einwohner vergeben, die über sehr wenig beziehungsweise gar kein Gartenland zur Selbstversorgung verfügten. Die Inhalte des 1814 abgeschlossenen Pachtvertrags spiegeln sich in den heutigen Rahmenbedingungen für die Pacht eines Kleingartens wieder.